WELT ONLINE: Kalifornien, das Land von Gouverneur Arnold Schwarzenegger, das seit jeher zwischen Chaos und Verheißung taumelt, steht am Rande des Ruins. Unternehmen entlassen, Wohnungen werden zwangsgeräumt. Je größer der Wohlstand, so scheint es, desto unerbittlicher schlägt die Krise zu. Ein Mythos verblasst.
Wo es im Westen nicht mehr weiter geht, bei Capetown, Kalifornien, sind die Blumenkinder noch zu finden. Hier beult sich Amerika am weitesten ins Meer, wenn man Alaska und die Aleuten außer Acht lässt. Dafür krümmt der Highway 101 sich ostwärts durch die Landschaft.
In den Hügeln zwischen Autobahn und Küste siedeln Alt-Hippies, die einem misstrauisch begegnen, weil sie neben Bio-Obst vor allem Hanf anbauen. Die Behörden lassen sie in Ruhe.
Wer sich eine Reise an den Rand der westlichen Zivilgesellschaft sparen möchte, lese T.C. Boyles „Budding Prospects“ über das Scheitern dort. Schon weil der deutsche Titel der Satire heute treffender erscheint: „Grün ist die Hoffnung“.
Grün war auch die Hoffnung Arnold Schwarzeneggers. Als der Schauspieler aus Österreich 2003 als Gouverneur sein Amt antrat, platzten die Tagträume vom Neuen Markt. Der Terminator fackelte nicht lange und beschloss, den Sonnen- in einen Solarstaat zu verwandeln. Seither heißt er „Jolly Green Giant“.
Er zerstampfte herkömmliche Autos, um für das Hybridauto zu werben. Er verbannte Plastiktüten. Er verfügte, bis zum Jahr 2020 auf ein Viertel aller Treibhausgase zu verzichten. Schwarzenegger legte mehr Wert auf die CO2-Bilanz als auf den Staatshaushalt.
Nun bricht die Immobilien- und Finanzmarktkrise über Kalifornien herein und macht nicht nur die grünen Hoffnungen zunichte. Es geht nicht mehr um die Frage, ob sich ausgerechnet Kalifornien klimaneutral verhalten sollte. Sondern um ein selbst kaum noch erneuerbares Land.
Republikanische Parteifreunde verhindern Schwarzeneggers Konjunkturpakete. Das Gemeinwesen wird stillgelegt. Auf Baustellen herrscht Ruhe, Schulen bleiben zu. Im Silicon Valley gehen nun auch in der Ökoindustrie die Lichter aus. Es wird entlassen, es wird zwangsgeräumt, es werden Zuschläge erhoben auf Konsumgüter und auf Benzin, auf Kaliforniens Heiligtümer. Je mehr Wohlstand, umso unerbittlicher die Krise. Es geht um den Mythos Kalifornien und um sein Verblassen. >>> Von Michael Pilz | Mittwoch, 10. Juni 2009