FRANKFURTER ALLGEMEINE: Michael Kelpanides ist ein griechischer Soziologe, der an der Universität Thessaloniki lehrt. Er meint, sein Land sollte aus der Europäischen Währungsunion austreten - zum Wohle aller.
Herr Kelpanides, dass Sie für den Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone eintreten, ist kaum der Rede wert, diese Ansicht ist in Mode. Aber von einem Griechen hört man sie eher nicht. Trauen Sie sich noch auf die Straße?
Als Wissenschaftler ist man der Wahrheit verpflichtet. Der tschechische Präsident Klaus, ein Ökonom, hat den Griechen unlängst geraten, ihre Drachme wieder einzuführen und sie um 40 Prozent abzuwerten, um ihre Produkte am Weltmarkt absetzen zu können. Denselben Rat geben namhafte deutsche und amerikanische Ökonomen. Natürlich hätte ein Austritt komplexe und nicht gänzlich überschaubare Folgen. Aber wie die Dinge liegen, wäre diese Entscheidung wohl die bessere Option. Das gilt auch für andere Länder der Eurozone. Die Nachteile, die ein Austritt aus der Eurogruppe für jedes austretende Mitglied hätte, beschreiben eine Seite der Medaille. Bei der anderen Seite handelt es sich um die Folgen eines Verbleibs dieser Länder in der Eurozone für die Währungsunion als Ganzes.
Von einem Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone wären Sie als Universitätsprofessor unmittelbar betroffen - schreckt Sie das nicht?
Lassen Sie es bitte meine Sorge sein, was ich im Falle eines Staatsbankrotts täte. Mir wird schon etwas einfallen. Natürlich machen sich die Gehaltskürzungen unangenehm bemerkbar, aber ein Wissenschaftler, der seine wissenschaftlichen Aussagen danach richtet, ob sie ihm persönlich nützen oder schaden, verliert seine Seriosität. » | Die Fragen stellte Michael Martens | Text: FAZ.NET | Bildmaterial: AFP | Sonntag 02. Oktober 2011