Friday, 29 March 2013


Medienecho zur Zypern-Krise: "Germanophobie ist unfair"

SPIEGEL ONLINE: In der Zypern-Krise treibt Europas Presse vor allem die Frage nach der deutschen Führungsrolle in der EU um: Während die britische "Financial Times" Verständnis für den deutschen Steuerzahler zeigt, ruft die französische "Libération" zur "Gegenattacke des latinischen Imperiums" auf.


"Zum ersten Mal nach seiner Gründung hat Deutschland den Großteil seiner Freunde zumindest verloren, wenn sie nicht schon zu Feinden geworden sind", diagnostiziert Jean Quartemer im Europa-Blog der französischen Tageszeitung "Libération" die europäische Nachbarschaftskrise. Hinter der deutschen Führungsrolle vermutet er geheime Sehnsüchte nach der D-Mark:
Berlins Problem ist, dass es seine neue Macht nicht zu nutzen wusste. Die Euro-Krise ist allem voran eine Vertrauenskrise und so ist Deutschland gegen seinen Willen in den Vordergrund gerückt, eben durch den festen Glauben der Märkte, dass allein schon die deutsche Unterschrift wertvoll sei. Hinter dem Euro haben die Investoren nie aufgehört nach der D-Mark zu suchen... Kein anderes Land, auch nicht Frankreich, das eine lange Tradition monetärer Instabilität und schlechter Staatsfinanzen hat, konnte eine Führungsrolle wie Deutschland vertreten. Auch die Europäische Kommission ist aufgrund fehlender finanzieller Mittel und mangelnder politischer Glaubwürdigkeit auf Deutschland angewiesen, insbesondere seit der Präsidentschaft von José Manuel Barroso, den Merkel aber nicht ausstehen kann. Libération. Blog: Coulisses de Bruxelles. Paris, 25. März
In der "Financial Times" hält Gideon Rachman Berlin für das Zentrum Europas und erklärt, warum diese Konstellation auch aus historischer Sicht unvermeidlich sei:
Diese Germanophobie ist unfair. Hinter dem ganzen Geschrei und Streit werden die deutschen Steuerzahler wieder einmal das größte Stück des nächsten europäischen Rettungsprogramms zahlen. Es scheint ein wenig harsch, die Deutschen mehrere Milliarden Euro aufbringen zu lassen, um sie dann als Neonazis zu beschimpfen.
» | Nicolas Oxen | Donnerstag, 28. März 2013