WELTWOCHE: Die Euro-Krise ist nur ein Symptom. Dahinter steckt die Fehlkonstruktion EU. Das europäische Einigungs-projekt ist auf allen Ebenen gescheitert. Von Peter Keller
Was Propheten wert sind, zeigt sich erst im Rückblick. 1999 ist der Bundesrat noch ganz offen auf EU-Kurs. In seinem Integrationsbericht, der die aussenpolitischen Ziele formuliert, ist zu lesen: Für den Beitritt zur Europäischen Union spreche überdies, «dass mit der Übernahme der Einheitswährung Euro [. . .] das Risiko von schädlichen Spekulationen auf den Schweizerfranken dahinfallen würde».
Heute steht der Euro am Abgrund und der souveräne Schweizer Franken ist stabil wie eh und je. Dafür beklagen EU-Politiker die Spekulationsattacken auf den Euro. Ironie des Schicksals? Oder bloss Pech gehabt? Weder noch. Der Euro war von Anfang an eine ökonomische Fehlleistung.
Die Finanzmärkte legen jetzt nur etwas unsentimental offen, was an diesem Konstrukt schon im Kern falsch angelegt war: Es kann keine vernünftige gemeinsame Währungspolitik für so unterschiedliche Volkswirtschaften geben wie das Kleinstfürstentum Luxemburg, den Industriegiganten Deutschland und Larifari-Staaten wie Portugal oder Griechenland. Der Euro ist ein politisches Projekt – und dieses Projekt ist gescheitert. Was jetzt abläuft, sind lebenserhaltende Massnahmen für eine klinisch tote Währung. >>> Peter Keller | Erschienen in der Weltwoche Ausgabe 18/10, Mai 2010